Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine Reise mit der Bahn. Ein Abenteuer? Sicherlich. Doch mit einem Hauch von Vorsicht, denn die Nacht birgt auch ihre Tücken, besonders auf Bahnhöfen.
29. Februar 2024
Claudia Felbermayer
Sicherheit darf sich nicht über das Ticket definieren
Es geht dabei nicht nur um die Fahrt selbst. Eigentlich sind es die Bahnhöfe, diese riesigen Hallen des Kommens und Gehens, die die Hauptrolle spielen. Denn an diesem öffentlichen Ort bewegen sich nicht nur Bahnreisende. Wenn Männer und Frauen nachts auf einem solchen auf ihren Anschlusszug warten müssen, sollte Sicherheit nicht durch das Ticket definiert werden. Sicherheit sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
ÖBB und DB Lounges – Sicherheit nur für First Class Kunden?
Die ÖBB und die DB bieten Passagieren mit bestimmten Tickets einen eigenen Warteraum: die Lounge. Dieser exklusive Wartebereich bietet nicht nur gratis Verpflegung und Steckdosen zum Aufladen von Handys – durch die ständige Anwesenheit eines Mitarbeiters ist er auch besonders sicher.
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Die Zahl der Strafdelikte steigt
Mit der Zahl der Bahnreisenden nimmt auch die Zahl der Straftaten zu. Vergleichbare Statistiken gibt es dazu nicht. Aber allein im kleinen Bundesland Steiermark in Österreich wurden 2022 mehr als 1000 Straftaten in öffentlichen Verkehrsmitteln verübt. Und das ist noch nicht einmal das Bundesland mit den Kriminalitäts-Hotspots; diese Ehre gebührt Wien, Oberösterreich und Niederösterreich. In Wien wurde erst kürzlich sogar ein Terroranschlag vereitelt. Die Notwendigkeit einer umfassenden Verbesserung der Sicherheitskonzepte an Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln wird damit offensichtlich.
Auch in Deutschland ist die Situation nicht besser. Gemäß der polizeilichen Kriminalstatistik der Bundespolizei wurden 2022 auf Bahnhöfen insgesamt 23.110 Gewaltdelikte erfasst. Es ist also kein österreichisches Problem.
Erste Erfolge durch ein verbessertes Sicherheitskonzept
Nun gibt es an den Bahnhöfen seit einiger Zeit verstärkt Bestreifungen durch die Polizei, was gemeinsam mit den neu installierten Notfallknöpfen sowie der Videoüberwachung dafür gesorgt hat, die Sicherheit zu erhöhen. Eine umfassende Lösung ist das jedoch noch nicht. Die Polizei ist nicht immer verfügbar, die Notknöpfe sind oft nicht in greifbarer Nähe und die Videoüberwachung ist lediglich eine sekundäre Sicherheit.
Verbesserungspotenzial bleibt bestehen
Ein Punkt zusätzlich zu einem umfassenden Sicherheitskonzept wäre die Verbesserung der Lounge-Dienstleistungen. In Österreich und Deutschland sind die Lounges nämlich nicht durchgehend geöffnet. Meistens schließen sie um 22:00 Uhr, in Deutschland sogar oft schon um 20:00 Uhr, gelegentlich eine halbe Stunde früher oder später, aber eine durchgehende Öffnung existiert nicht. Gerade für Frauen, die nachts unterwegs sind, wäre ein solcher 24-Stunden geöffneter Rückzugsort von großer Bedeutung. Sie brauchen diesen sicheren Rückzugsort.
Insbesondere in Deutschland gibt es neben den Öffnungszeiten noch einen weiteren verbesserungswürdigen Punkt. Die Deutsche Bahn sollte es auch Inhaberinnen und Inhabern von Tickets der zweiten Klasse ermöglichen, gegen einen Aufpreis die Lounge zu nutzen. Eine Praxis, die in Österreich üblich ist.
Europa träumt von Zügen, die wie Adern den Kontinent verbinden, zugänglich und sicher für alle, insbesondere auch für Frauen. Wenn mehr Menschen die Bahn wählen sollen, muss dieser Traum mit dem Versprechen der Sicherheit einhergehen. Sicherheit ist kein Luxusgut. Sicherheit auf Bahnhöfen darf keine Frage des Geldes sein.
Enthält Inhalte der Kleinen Zeitung, des ORF und der Salzburger Nachrichten.
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